Als sich im Jahre 1990 Klein-Olve und Klein-Harald
unter dem Namen IMMORTAL zusammentaten, hatten beide wahrscheinlich
nicht auf dem Schirm, dass sie Alben wie BATTLES IN THE NORTH, AT THE
HEART OF WINTER und SONS OF NORTHERN DARKNESS in den Äther schicken
und dadurch unter ihren Künstlernamen Abbath und Demonaz weltweite
Bekanntheit erreichen. Gewiss haben sie auch nicht geahnt, dass sich
der Name ihrer Band prophetisch bewahrheiten wird, denn Immortal sind
im letzten Jahr bereits zum zweiten Mal gestorben und wieder
auferstanden, dieses Mal allerdings ohne den Frontmann mit dem sexy
Hüftschwung eines panisch flüchtenden Krebstieres. Der macht
nämlich unter dem Namen ABBATH weiter, und während Demonaz und
Horgh bislang nur ein öffentliches Statement vorweisen können, in
dem sie mit Dreck um sich schmeißen und eine Platte ankündigen, ist
Abbath mit einer LP und dem Verlust von zwei Bandmitgliedern schon
wieder voll im Business angekommen.
ABBATHs erstes Release ist aus verschiedenen Gründen
interessant:
Klar wollen die Tratschtanten unter uns wissen, wer
das Arschloch und wer die Seele von IMMORTAL ist. Wirklich
spannend ist aber, wie dieser Kautz mit der künstlerischen Freiheit
umgeht, die er durch das Ablegen der IMMORTAL - Trademark gewonnen
hat. Mit seinem vorangegangenen Soloprojekt I und seiner Motorhead
Coverband BÖMBERS hat Abbath ja bereits gezeigt, dass er lieber
Harley fährt als Bäume zu knutschen.
Der erste Track macht in aller Deutlichkeit klar,
dass hier keine IMMORTAL-Retorte gebacken wird, sondern dass Abbath
darauf verzichtet die alten Tradenmarks zu rekonstruieren, um den
"Whodunit"-Wettbewerb zu gewinnen. To War! ist eine
zackige Groovewalze und in Blashyrkh gibt es keine Panzer. Hört's
Euch an und ihr versteht, was ich meine. Mit Black Metal hat das noch
wenig zu tun, denn das Schlagzeug ist genauso aufdringlich produziert
wie das Album an sich. Über diesen Handel ging dann auch der
charakteristische Gitarrensound Abbaths flöten und klingt nun nach
einem modernen Highgain-Amp, der zwar kompakt aus den Boxen schießt,
aber auch enttäuschend generisch ist. Dem Albumopener kommt das
zugute, denn der verwandelt sich schnell in einen Kriegsschrei, der
unter schneidenden Gitarren hysterisch nach vorne geblastet wird.
Dann beginnt aber auch schon die Durststrecke des
Albums. Winterbane zieht tanzbar und höhepunktslos an einem
vorbei, während Ashes of the Damned noch durch bescheuerte
Synthie-Fanfaren auf sich aufmerksam machen kann und sich Abbaths
idiotischer Humor endlich auch mal musikalisch artikuliert. Oceans
of Wounds ist dann der absolute Tiefpunkt des Albums, der
permanent versucht, Spannung aufzubauen, nur um dann wieder auf einen
ätzenden Grunge-Chorus zurückzufallen. Count the Dead und
Fenrir Hunts wiederum sind solide Nummern, mit denen er dem
IMMORTAL Material sehr nahe kommt, aber bei denen auch ersichtlich
wird, dass BENIGHTED-Drummer Kevin Foley zwar kein Problem mit hohen
Geschwindigkeiten hat, aber bei weitem nicht über die verspielte
Raffinesse von Horgh verfügt.
Mein persönlicher Höhepunkt ist Root of the
Mountain, eine angeschwärzte Hardrock Nummer bei der so ziemlich
alles passt. Das ist vor allem dem Bassspiel von King Ov Hell zu
verdanken, der die Strophe mit Akkorden anfettet und tieffrequent in
dein Stammhirn schiebt oder ein doch recht generisches Hardrockriff
mit einem springenden Basslauf veredelt. Endless
hingegen baut dann nochmal richtig Geschwindigkeit auf und mündet als
unspektakuläre Thrash-Nummer in einem episch aufgeladenen Outro mit
klassischen IMMORTAL Harmonien.
Fazit: ABBATH springt mit
einem soliden Album in die Bresche, das in Sound und Songwriting mehr
mit I als mit Immortal zu tun hat und vereinzelnd mit ein paar
starken Songs aufwartet. Hier wird erfreulicherweise deutlich, dass
Abbath noch lange nicht an dem Punkt in seiner Karriere angelangt
ist, an dem er seinen Stil zu rekonstruieren versucht, sondern dass
der Lenker seiner Harley immer noch nach vorne ausgerichtet ist.
Bewertung: 7,5 / 10
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