Das Party.San ist ja irgendwie das einzige Festival bei dem man die Tickets immer blind im Vorfeld kaufen kann und gewiss sein kann, dass die Bandauswahl nicht enttäuschen wird. Dieses Jahr ist allerdings noch mal einen Zacken besser. So viele Bands wie dieses Jahr wollte ich noch nie auf einem Festival sehen und trotz reichlich Alkoholkonsum habe ich die meisten davon auch erlebt und erinnere mich daran:
Donnerstag:
Den Auftakt machen II, die Musik ist eigentlich auch gute, aber wie wir den Tag über noch öfter erfahren müssen, ist der Sound auf der Hauptbühne heute wirklich schlecht. Deswegen bleibt von der Qualität des Openers nicht viel hängen.Danach kommt direkt mein persönliches Highlight: MÖRK GRYNING ist mir wichtiger als alle anderen Bands, konnte ich sie doch leider vor ihrer Auflösung 2005 nicht live sehen. Wer die Songs der Band kennt, freut sich ein zweites Loch in den Hintern, dass die Schweden so spielfreudig sind und alle wichtigen Lieder im Programm haben, der Rest findet es aufgrund der miesen Tonqualität doof. Macht aber nichts, einige Leute hatten definitiv viel Spaß.
Die Band, die an dem Tag am besten zündet ist vermutlich GRUESOME, die gar keinen Hehl aus ihrer, untertrieben gesagt, "Inspiration" von Death machen und fröhlich feinsten Ami-Todesstahl zocken. Definitiv ein Auftritt, der überzeugt und die Band im Gedächtnis zementiert.
Danach geht's schnell zur Zeltbühne, den GRAVEYARD warten mit Musik schwedischen Ursprungs auf. HM2 Gitarrensound bei weitaus interessanteren Songs als viele ihrer Kollegen produzieren. Die Spanier bewirken den ersten Schmerz in den Nackenmuskeln und haben vermutlich viele neue Fans gefunden.
Nächste Band: TRIBULATION. Ach, wie hoch waren meine Erwartungshaltungen... 3 großartige Alben, das letzte davon der absolute Meilenstein in Sachen Düstermukke, und dann sowas: Total verwaschener Sound, sämtliche Melodien müssen fast erraten werden und die Stimmung ist im Keller. Dass das allein am Wind liegen soll, mag hier keiner mehr so recht glauben.
Das braucht erstmal eine Bierpause um den Schock zu verdauen und so finde ich mich erst wieder zu MGŁA ein. Die Polen haben mit den letzten beiden Alben dermaßen starkes Material abgeliefert, dass ich meiner Enttäuschung über den erneut schlechten Sound kaum Ausdruck verleihen kann. Kopfschütteln vielerorts vor der Bühne.
Offenbar haben OBITUARY danach ihren eigenen Mischer mitgebracht, denn bei den Rednecks aus Florida klingt alles wie es klingen soll: Death Metal mit höllisch viel Groove, genau auf den Punkt gespielt. Ansagen gibt's wie so oft keine, aber das spart Zeit für mehr Songs. Geile Band, die auch auch ein würdiger Headliner gewesen wäre. Eben diesen spare ich mir allerdings, denn die eine oder andere Campingplatz-Party will ja auch gefeiert werden...
Freitag:
Der mittlere Festivaltag ist derjenige, an dem mich die wenigsten von immer noch sehr viel guten Bands interessieren. Die erste davon ist auch gleich ein absolutes Pflichtprogramm: WOLFBRIGADE sind ein weiterer Hauptgrund für mich vor der Bühne zu stehen. Und die D-Beat Experten aus Schweden enttäuschen nicht. Es lebe der Crust, einfache Musik und die Spielfreude. Die leicht ergrauten Herren leben eine Energie auf der Bühne aus, dass es nicht schwer fällt sofort in den Rhythmus zu verfallen. Geiler Scheiß, jederzeit wieder.Danach haben OBSCURA etwas gutzumachen: Ihr letzter Auftritt auf dem Party.San war mies, weil die hochproduzierten Songs nicht live rüberkamen. Diesmal machen sie es deutlich besser und man erkennt jeden Song wieder und fängt an den Nacken zu kreisen, während man gleichzeitig vom Können dieser Ausnahmemusiker beeindruckt ist, dass einem fast der Mund aufklappt. Mit Bravour bestanden.
Eilig wird danach ins Zelt gelaufen, da die Death Doom Institution CRYPTIC BROOD zum Tanze bittet. Naja, mit tanzen ist nicht viel, da die Wolfsburger eine unglaubliche Walze durch das Zelt schieben, aber zumindest ekstatisch mitwippen ist drin. Dieser Auftritt war vermutlich der Durchbruch für die Band.
Auf der Hauptbühne machen sich derweil BÖLZER bereit, ihrem Ruf als Livemacht gerecht zu werden, was allerdings nicht so richtig klappen mag. Vielleicht liegt es an der zu großen Bühne oder dem fehlenden Zelt darum, aber den Erfolg vom letzten Mal können sie nicht wiederholen, zu lasch kommt das Gebölze aus den Boxen, zu verloren wirkt die Band unter freiem Himmel.
Als wohl einzige Band auf dem Festival kommen danach ANGELCORPSE ohne Backdrop aus und zeigen der ganzen jungen Generation, was eine Old School-Harke ist. Die Kultband aus den Staaten ist lange Zeit nur Geheimtipp für Underground und Nerds gewesen, mittlerweile dürfte die Begeisterung für die Musik um Bandchef Pete Helmkamp gewachsen sein. Hier wurde sich ordentlich ins Zeug gelegt und es hat sich gelohnt. Ganz großes Kino.
Danach verfällt der Autor leider in eine ungeheure Trinklaune, sodass ich viele der nachfolgenden Bands leider verpasse und erst wieder zu CARCASS aufschlage. Glück gehabt, denn niemand will diesen Auftritt verpasst haben. Die Engländer sind zu recht der Headliner und haben alles, was man sich hier wünscht: Perfekten Sound, Bock zu spielen, eine tolle Songauswahl und die Fans auf ihrer Seite. So beeindruckend gut wie diese Band ist bisher keine an diesem Wochenende gewesen, hier hat man sich allgemein die Rübe abgeschraubt und noch Nachschlag verlangt. Dass man diesen nicht bekommt, ist der einzige Wermutstropfen, denn auf einmal kommt Dosenmusik von der Bühne und dann wars das. Schade.
Samstag:
Am Samstag überkommt viele ein leichtes Bedauern, dass dies schon der letzte Festivaltag ist, hat bisher doch alles ganz gut gepasst. Nach spätem Frühstück schaffe ich es noch rechtzeitig vor die Bühne um die neue deutsche Death Metal Hoffnung SULPHUR AEON zu sehen. Wobei Hoffnung eigentlich nicht korrekt ist, haben die Jungs doch bereits großartiges Material abgeliefert. Das Cover ihres letzten Albums als Banner ist auch sehr schön anzusehen, aber die Feinheiten ihrer Musik bekommt man nur mit, wenn man relativ nah an der Bühne ist, denn so ganz schafft es die Band nicht, den Sound und das Gefühl in ihrer Musik zu kanalisieren. Schade, aber definitiv vermerkt für ein Hallenkonzert.Nächste Band auf meinem Zettel ist MEMORIAM. Ah, was wurde im Vorfeld diskutiert und spekuliert, was dabei wohl herauskommt. Nun, es war ganz einfach: Death Metal, der so klingt wie man ihn aus der Industrieregion Birmingham erwartet. Einfach, aber mit Riffs die ins Fleisch schneiden, ehrlich und kompromisslos. Da die Band ja ein Projekt aus verschiedenen Mitgliedern anderer Bands ist, werden auch ein paar Songs gecovert (u.a. Sacrilege und natürlich Bolt Thrower). Schöner Auftritt, auch wenn die Gitarren arg im Ohr geschmerzt haben.
Und dann kommt eine der kultigsten und unterbewertetsten Bands dieses Planeten: NIFELHEIM sind räudig, roh und scheißen auf alles, was das Ästhetikempfinden an Befindlichkeiten anmeldet. Gut so, denn das macht die Band authentisch. Blackthrash wie aus dem Bilderbuch und dazu eine Stimme, die klingt, als würde Sänger Per "Hellbutcher" Gustavsson jeden Morgen eine Packung Reiszwecken mit in sein Müsli kippen. Soweit der beste Auftritt des Tages, aber dann kommen ja GRAVE: Die kommerziell am wenigsten erfolgreiche Band der großen 4 des schwedischen Death Metal zeigt, dass dieser Status eigentlich dringend geändert werden muss. So viele Rhythmuswechsel wie diese Truppe um Chef Ola Lindgren hat wohl keine andere Band. Trotzdem ist nicht ein Song langweilig oder zu verspielt, nein, es macht einfach tierisch Spaß hier das Haupthaar zu schütteln. Natürlich ist die Songsauswahl auch wieder ein Best-of der Karriere, aber dafür sind Festivalauftritte ja da.
Rasch geht's dann ins Zelt um WEAK ASIDE zu sehen, denn Musik von Sänger und Gitarrist Tom Zorn (ja, wirklich) war schon immer gut und der Mann gehört einfach auf eine Bühne. Das zweite Album der Emdener hat auch verdientermaßen einiges Aufsehen erregt, also kann ich mir das nicht entgehen lassen. Ich werde in Form von schnörkellosem Todesstahl bedient und bin ein weiteres Mal erfreut, wie gut der Sound im Zelt ist. Amtlicher Auftritt von einer Band, die in den nächsten Jahren noch ganz groß werden kann.
Leider kann man das nicht von der nächsten Band auf der Hauptbühne sagen, obwohl die es doch können müssen: IMMOLATION sind eine ganz große Enttäuschung. Der Sound ist absolut unterirdisch, man kann keinen einzigen Song gut erkennen und der Schlagzeuger scheint betrunken zu sein, so daneben klingen seine Beats.
Ein wenig betrunkener komme ich später wieder ins Zelt und sehe mir DROWNED an, nur um festzustellen, dass die Lieder der Berliner so abwechslungsreich sind wie 20 Meter Raufasertapete. Eine der Bands, deren Ruhm nur auf ihrem Sound und dem Image der Band basiert, mehr haben sie leider nicht zu bieten.
Und weil auch immer Platz für Nostalgie sein muss, finde ich mich danach natürlich bei SODOM ein und feiere ihre Hits aus über 30 Jahren gebührend ab, denn die Band ist aus dem Metalgeschehen quasi nicht wegzudenken. SODOM waren immer da. So wird es hoffentlich noch viele Jahre sein. Die Show ist Top, auch wenn der Wind dem einen oder anderen Lied ein wenig die Stimmung klaut.
Der Headliner zu später Stunde ist für mich unverständlicherweise auf dieser Position, aber der Platz vor der Bühne ist trotzdem gut gefüllt, als AT THE GATES die Bühne betreten. Man merkt dem Schwedengespann auch an, dass sie Lust auf die große Show haben, aber irgendwie kann ich mit der Band nicht so richtig was anfangen. Vielleicht, weil mir die Lieder zu drucklos sind. Gekonnt war der Auftritt trotzdem.
Fazit: Das Party.San ist immer noch das beste Festival. Warum? Weil hier alles stimmt. Die Festivalgröße, die Bandauswahl, die Shops, der Campingplatz und das Personal. Die Preise sind human und deswegen werde ich auch für nächstes Jahr das Ticket wieder blind bestellen können.
Einziges Manko war diesmal der unterirdisch schlechte Sound am Donnerstag bei vielen Bands.
Top Bands waren: Carcass, Grave, Nifelheim, Wolfbrigade und Angelcorpse
Flop Bands waren: Immolation, Bölzer, Drowned und soundbedingt Tribulation und Mgła
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