Marburg, 27.08.2016
Im beschaulichen Dilschhausen, das als letztes Kaff noch zu Marburg gehört, fand nun zum dritten Mal das Masters of the Unicorn statt, das, dem Namen nach schon vermutend, mit Humor betrachtet werden darf, zumindest was das Image dieser kleinen aber feinen Veranstaltung angeht. Musikalisch kann man sich über eine Bandauswahl freuen, die nicht die üblichen saisonalen Verdächtigen beinhaltet, sondern allein auf den Geschmäckern der Verantwortlichen beruht. Im Inneren eines Hofes gelegen ist das Gelände gut überschaubar, auch wenn der Weg zur Cocktailbar (um eine Ecke) noch einigen gezeigt werden muss.
Beginn ist hier schon zu später Mittagsstunde, aber es sollen ja 9 Bands auf einer Bühne bis 23 Uhr gespielt haben (Lärmschutz/Nachbarn). Bei gefühlten 40°C sind URINAL TRIBUNAL der perfekte Opener, denn die Jungs stehen für allerlei Sinnlosigkeit und Selbstironie auf der Bühne. Allein die Outfits sind schon die Anreise wert. Dazu kommen Songtitel wie Fäkal General oder Konsequent inkontinent. Damit ist der Spaßfaktor für den Rest des Abends schon mal gegeben, musikalisch braucht es dazu auch keine Höchstleistungen.
Anders die zweite Band des eröffnenden Teils, "Grindcorefrühschoppen" genannt: GOLDWING machen zwar stilistisch ähnliche Musik, haben aber rifftechnisch deutlich interessante Songs und rufen so erstes Haareschütteln im Publikum hervor.
Danach gibt es einige bekannte Gesichter aus dem letzten Jahr auf der Bühne: SLEDGEHAMMER NOSEJOB haben personelle Überschneidungen mit Massive Assault und die Holländer wissen, wie man trotzdem neue Fans gewinnt: Eingespielt und tight mit jeder Menge Einflüsse aus anderen Bands (hat da jemand etwa sehr viel Dismember gehört?) aber nie langweilig oder dreist klauend ist die sympatische Truppe ein kleines Highlight. Dazu kommt ein Sound, der dem Bandnamen alle Ehre macht. Fein.
Wer SUPREME CARNAGE noch nicht kannte, hatte Gelegenheit die Jungs aus Münster hier in Top Form zu sehen. Sänger Jorge klingt phänomenal räudig am Mikro und die Songs haben überraschend hohen Wiedererkennungswert. Dazu sieht man den Typen an, dass sie wirklich Bock auf die Show haben. Toller Auftritt einer Band, die noch viel erreichen kann.
CARNAL TOMB war die erste Band, die mich nicht wirklich erreicht hat, ob das an der Musik oder der Hitze liegt ist nicht mehr zu rekonstruieren, aber irgendetwas scheint gefehlt zu haben.
Das genaue Gegenteil sind dann die IRON BASTARDS aus Frankreich. Es ist definitiv nicht so, dass wir uns alle aufgrund von Lemmys Tod an jeden Strohhalm klammern, nein, es ist vielmehr die Tatsache, dass die Art der Musik einfach Spaß macht: Rock'n'Roll in Reinkultur, natürlich mit viel Hommage an Motörhead, und jede Menge Alkohol in drei Typen, die sich bewusst sind, später noch weiterreisen zu müssen, weil am selben Abend wohl noch ein Gig ansteht. Beeindruckend, wie gut ihr Zusammenspiel noch klappt und wenig überraschend, wie sehr die Menge auf dem Platz dazu abgeht. Angenommen IRON BASTARDS sind die Harley unter den heutigen Bands, dann sind CRYPTIC BROOD mehr der sich unaufhaltsam vorwärts schiebende Traktor. DeathDoom ist ja mittlerweile keine Randerscheinung mehr und wer sich dafür begeistert, muss die Band gesehen haben. Rohe Energie von walzenden Saiteninstrumenten treffen auf ein Schlagzeugspiel, dass Drummer Steffen unnachahmlich lebendig zelebriert. Nach diversen Live-Besichtigungen kann ich festhalten, dass die Band noch keinen schlechten Auftritt hatte.
Vom Headliner WARHAMMER kann man das nicht so ohne weiteres sagen. Auch wenn man sich alle Mühe gibt wie eine frühere Schweizer Band zu klingen, irgendwie müssen die ganzen Jungspunde das Zusammenspiel noch üben. Sänger Volker ist der einzige, der von Anfang an dabei ist und könnte Vater vom Rest der Combo sein. Dementsprechend strahlt er als einziger Souveränität aus. Wer die Band und den Sound mag, hatte Freude, alle anderen finden das "irgendwie zu räudig". Nicht ihre beste Show.
Den Ausklang macht die reine Intrumentalband THE GREAT COLD, die allerdings gefeiert wird wie der wahre Hauptact des Abends. Kein Wunder: Bei perfektem Sound wird hier atmosphärischer Black Metal auf höchstem Niveau geboten und es entsteht eine Stimmung, die unvergleichbar mitreißend ist. Dieser Auftritt war definitiv zu kurz und erntet zu recht die meisten Zugabe-Rufe,die aber leider aufgrund der späten Spielzeit ohne Ergebnis bleiben müssen.
Allerdings ebbt die Stimmung dank Cocktails und Dosenmusik in der Bar "Zum räudigen Wiesel" nicht ab und so manch einer ist erst nach Sonnenaufgang vom Platz geschlichen.
Fazit: Auch im dritten Jahr hat das MASTERS OF THE UNICORN alles, was Freunde von Livemusik schätzen: Gute Bands bei tollem Sound, günstige Getränke- und Essenspreise (auch vegan!) sowie direkt anliegende Camping- und Parkflächen. Und das alles für lau, denn Eintritt hat es auch diesmal nicht gekostet. Wer hier noch was zu meckern hat ist vermutlich potenziell suizidgefährdet und hat an nichts im Leben noch Spaß.
P.S.: Das Video ist nicht von mir, ich habe es auch nur im Internet gefunden.
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